Neue Heimat - Kapitel 2

1933 - 1949: Zwangseingliederung und neuer Name

1933 wurde Adolf Hitler zum Reichskanzler gewählt. Einige Gewerkschaftler, unter ihnen auch Senator Ehrenteit, propagierten eine Annäherungsstrategie an die Nationalsozialisten. Sie argumentierten, damit die Unabhängigkeit der Gewerkschaften retten zu können. Die Strategie fruchtete nicht. Die Nationalsozialisten ließen noch den Arbeiterkampftag, den 1. Mai 1933, verstreichen und schlugen am nächsten Tag zu. Alle Gewerkschaftsunternehmen wurden der Deutschen Arbeiterfront (DAF) einverleibt. Auch die GKB wurde so von einem Tag zum anderen zu einer Organisation des NS-Regimes.
Das Auffälligste in den ersten Jahren des Nationalsozialismus ist, dass sich nichts tat. Die GKB war vom Baugeschehen in Hamburg ausgeschlossen. Die Faschisten demonstriertem am Großneumarkt, was sie unter Städtebau verstanden: Die Suggerierung einer heimattümelnden Kleinstadt inmitten der Weltstadt. Ein Vorzeigeprojekt, aber die GKB war nicht dabei.

1939 werden landesweit, bis auf wenige Ausnahmen, alle Wohnungsunternehmen der DAF in "Neue Heimat" umbenannt. Aus der GKB wird damit die Neue Heimat Hamburg. In dieser Zeit beginnt auch wieder eine vermehrte Bautätigkeit der GKB - nun Neue Heimat. Die Wohnanlage in Barmbek-Nord wird ergänzt durch walmgedeckte, weiß verputzte Zeilenbauten.

Aber es entstanden auch ganz neue Wohnanlagen der GKB / Neue Heimat Hamburg, z.B. an der Nordmeerstraße in Finkenwerder. Georg Hinrichs Bauten entsprachen ganz dem Klischee vom nationalsozialistischen Wohnungsbau: backsteinverkleidete, flache nordische Bauten. Aber bei genaueren Hinsehen kann man durchaus gestalterischen Witz erkennen.

NS-Stil?

NS-Architektur = Heimatschutzstil? Die Beweise sind so häufig wie die Gegenbeweise. So baute die Neue Heimat Hamburg in Hamburg-Langenhorn eine "Schwarzwald-Siedlung". Und wirklich, da stehen im Hamburger Norden "original" Schwarzwaldhäuser. Eine architektonische Kuriosität mit berechnendem Hintergrund: In diesen Häusern wohnten Rüstungsarbeiter aus Süddeutschland.

Ein weiteres Beispiel: Während der Weimarer Republik entstand rund um den Habichtsplatz in Barmbek-Nord ein großes neues Wohngebiet. Auch diesmal hielt Fritz Schumacher seine Hände über die städtebauliche Planung - mit den bekannten Folgen: Alle Gebäude haben ein rotes Klinkerkleid, ihre Gestaltung ist moderat bis radikal modern, alle Häuser haben Flachdächer, vorherrschende Bauweise ist die Blockrandbebauung. Während der NS-Diktatur wird das Wohngebiet an der Otto-Speckter-Straße erweitert. Wie zu erwarten, haben die neuen Gebäude Steildächer und auch den zeittypischen Aufschiebling - eine Wölbung des Daches vor der Dachrinne. Aber die Gebäude sind nicht etwa verklinkert sondern verputzt und überhaupt so gestaltet, dass es schwerfällt, sie als "nordisch" einzustufen. Die Gestaltungselemente wirken eher beliebig. Städtebaulich modern für die damalige Zeit ist die Anordnung der Häuser, sie stehen nämlich in Zeilen, so wie es auch die Modernen begrüßt hätten, für die eine Blockrandbebauung eine veraltete Bauweise war.

Zerstörung und Beschlagnahme

Auch die Wohnanlagen der Neuen Heimat blieben nicht von den Luftangriffen des Zweiten Weltkrieges verschont. Nach der Kapitulation beschlagnahmten die Allierten das NS-Eigentum. Bittere Ironie des Schicksals: Die von den Faschisten vereinnahmten Wohnungsbaugesellschaften der Gewerkschaften wurden nun unter Treuhand gestellt, weil sie NS-Besitz waren!

Daten 1933-1949

Hamburgisches Architekturarchiv der Hamburgischen Architektenkammer