Werner Kallmorgen
Von Karl H. Hoffmann
Laudatio
1977 erhielt Werner Kallmorgen den Fritz-Schumacher-Preis. Es muss für ihn eine besondere Ehre gewesen sein. Kallmorgen verehrte Hamburgs ehemaligen Baudirektor und widmete ihm eine fachliche Dokumentation mit dem Titel "Schumacher und Hamburg".
Zur Verleihung des Schumacher-Preises hielt Jost Scharmm eine Laudatio auf Werner Kallmorgen. Darin heisst es: "In Kallmorgens Büro sind eine Fülle ausgezeichneter Bauten entstanden: Verwaltungsgebäude, Kirchen, Krankenhäuser, das Barlach-Museum und die noblen Wiederaufbauten der Speicher im Hafen. Das Kuratorium .. möchte aber .. zwei Bereiche herausheben, in dem sein Schaffen einen Rang hat, der weit über Hamburg hinausgeht. Neben den .. Theatern ist dies vor allem sein Wirken für den sozialen Wohnungsbau, und hier besonders seine Siedlungen für die SAGA in Groß-Borstel von 1955 und am Hexenberg von 1968/70".
Schramms Lobrede ist etwas überraschend. Als Architekt des sozialen Wohnungsbaus wurde Kallmorgen kaum beachtet. Zu einiger Berühmtheit gelangte er nach 1945 auf dem Feld des Theaterbaus. Für Conrads war er auf diesem Gebiet "ein Mann der ersten Stunde". Kallmorgen baute das Thalia-Theater - das sein Vater Georg Kallmorgen entworfen hatte - wieder auf und um, ebenso das Opernhaus in Hannover und das Stadttheater in Kiel. Auch die Staatsoper in Hamburg wurde zunächst von Kallmorgen wiederaufgebaut, für das neue Gesicht des Hauses an der Dammtorstraße engagierte man dann allerdings einen anderen Architekten. Kallmorgen verfasste die Schriften "Was heißt und zu welchen Ende baut man Kommunaltheater" und "Über das Bauen von Theatern"
Prägungen der Stadtsilhouette
Ein weiterer Schwerpunkt im Schaffen von Werner Kallmorgen blieb den meisten Augen vorenthalten: der Wiederaufbau der Speicherstadt. Kallmorgen baute viele Lagergebäude wieder auf, ergänzte einige und setzte auch Neubauten dazwischen. Bis 2003 war die Speicherstadt Zollausland - und so dem Normalbürger schwer zugänglich. Weithin sichtbar für alle aber war der markante, klare und herbe Neubau des Kaispeichers A am Rande der Speicherstadt. Eigentlich berühmt wurde das Gebäude erst ab 2003. Damals stellten die Architekten Herzog und de Meuron ihren Entwurf für eine Aufstockung des Gebäudes zur "Elbphilharmonie" vor.
Prägend für das Stadtbild sind auch die beiden Hochhäuser von IBM und "Der Spiegel" an der Ost-West-Straße. Zwischen dem Bau beider Gebäude liegen vier Jahre und zwei Architekturauffassungen. Das IBM-Haus ist ganz im " internationalen Stil" Mies van der Rohes gehalten, das Spiegel-Gebäude verweist auf die Architektur der 70er Jahre, wie sie in Hamburg etwa gmp realisierten. Heute - Juli 2013 - stehen beide Gebäude verwaist da. Der "Spiegel" ist ab September 2011 in sein neues Gebäude an der Ericusspitze gezogen. Verner Pantons knallbunte Spiegel-Kantine seit Herbst 2012 im Museum für Kunst und Gewerbe in Hamburg zu bewundern.
Ein Frühwerk Kallmorgens: Wohnhaus Stresemannstr
Quelle: Privbatbesitz Hoffmann. Foto: Karl H. Hoffmann
Das Barlach-Haus
"Von seinen Bauten .. ist dieses kleine Museum für mich am meisten Werner Kallmorgen: die Sachlichkeit selbst, klar, einfach, ohne Umschweife und Zutaten. Und ganz ohne 'Zitat'".
Ulrich Conrads, Bauwelt 7/1979
"Das Jenisch-Haus ist ein Musterbeispiel für die starke Spannung zwischen einem kubischen Baukörper und der romantischen Landschaft, die noch verstärkt wird durch den Farbkontrast zwischen weiß und grün".
"Der Museumsteil, durch die intimen Proportionen von Wohnräumen bestimmt, ist nach außen abgeschlossen um einen offenen Hof gruppiert. Die Studienräume, zum Park hin geöffnet, laden den Besucher zur intensiven Beschäftigung mit dem Werk und zum Entspannen ein. Zwischen diesen beiden Komplexen, dem Museumsteil und den Studienräumen, liegen der Eingang und eine neutrale Halle, die wechselnden Ausstellungen dienen kann und den Besucher vor Beginn des Rundganges durch die Sammlung oder beim Besuch eines Vertrages oder einer Aufführung empfängt"
Werner Kallmorgen in: Antworten, Jahrbuch der Freien Akademie der Künste in Hamburg, 1963.
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Kallmorgen "wußte mehr über die Architektur, zumal die des ausgehenden 19. Jahrhunderts, als ein Dutzend Bauhistoriker zusammen. Sein Arbeitstisch stand inmitten von Regalen voller Baubücher und Bauzeitschriften, die er von seinem Vater hatte und die er zeitlebens fleißig vermehrte".
"Kallmorgens Vorliebe für die Eklektizisten hat ihn davor behart, selbst je einer zu werden. Kompromisse waren ihm zuwieder. Er pochte auf Qualitäten, ganz gleich wo er sie antraf. Er litt darunter, daß für unser Bauwesen Sensibilität und Feinnervigkeit fast untaugliche Begabungen sind, und Bildung überflüssig ist. Alles das trug ihm den Ruf ein, starrköpfig und dabei noch witzig und zu allem Überfluß ein guter Architekt zu sein".
Ulrich Conrads in: Bauwelt 7/1979
"Populär war er in Hamburg und darüber hinaus nicht nur durch seine Bauten geworden, sondern vor allem durch seine Menschlichkeit, seine auch noch im Alter jung gebliebenen Art, sich selbst und seine Arbeit in Frage zu stellen".
"Eigentlich hätte Kallmorgen auch gut und gerne Baugeschichte lehren können. Noch das letzte Gespräch, das wir miteinander führten, galt dem Jugendstil, mit dem er sich - neben anderen baugeschichtlichen Themen - ein Leben lang beschäftigte"
Lothar Juckel in: Neue Heimat Monatshefte 3/1979