Die Gebrüder Gerson

Von Karl H. Hoffmann

Landhäuser ...

Die Gebrüder Gerson waren in den 10er und 20er Jahren des letzten Jahrhunderts beliebte Architekten in Hamburg. Private Bauherren schätzten die Eleganz ihrer Landhäuser und Villen. Fast jeder ihrer Entwürfe geriet zu einem Unikat - die Gersons berherrschten die Klaviatur der Gestaltung ausgezeichnet. Seit 1908 entstanden zahlreiche Wohnhäuser, vorwiegend in einem refomierten Heimatschutzstil gehalten. Ähnlich wie bei den zeitgleichen Bauten Fritz Schumachers gibt es häufig Anlehnungen an barocke Formen, anders als dieser schreckten die Gebrüder Gerson aber nicht vor ungewohnten Akzenten zurück, ihr Umgang mit historischen Stilen und Bauelementen ist wesentlich freier, spielerischer.

...und Kontorhäuser

Über Hamburg hinaus bekannt wurden die Gebrüder Gerson in den zwanziger Jahren durch den Bau von Kontorhäusern: Thaliahof, Meßberghof, Sprinkenhof (mit Fritz Höger). Das Erstaunlichste dabei ist, das die drei Gebäude in ihrer äußerlichen Gestaltung völlig verschieden sind. Der Sprinkenhof fasziniert durch das Rautenmuster aus Backstein, mit dem die gesamte Außenfassade überzogen ist, der Thaliahof mit seinen dreieckigen Erkern wirkt überraschend leicht, der Meßberghof ist streng und monumental. Eine böse Ironie des Schicksals wollte es, dass sich ausgerechnet im Meßberghof während des Dritten Reiches eine Firma niederließ, die Zyklon B vertrieb - jenes Gift, mit dem hunderttausende Juden getötet wurden. Hans und Oskar Gerson waren auch jüdisch

Zuflucht USA

Hans Gerson erlebte die Diktatur der Nationalsozialisten nicht mehr, er starb bereits 1931. Er wurde nur 50 Jahre alt. Oskar Gerson blieb bis Anfang 1939 in Deutschland dann emigrierte er in die USA. In Kalifornien entwarf er noch bis 1957 Wohnhäuser für private Bauherren.
Zum Schluß noch ein Bonmot: Die Gebrüder Gerson waren überhaupt keine Architekten! Hans Gerson studierte einige Semester in München, bemühte sich aber nicht um ein Diplom. Oskar Gerson hat offenbar überhaupt keine akademische Ausbildung erhalten.

Wolfgang Voigt über die Gebrüder Gerson

"Schon die ersten Bauten fanden Beachtung weit über Hamburgs Grenzen hinaus. Von 1910 an waren Abbildungen und Beschreibungen ihrer Wohnhäuser ein gesuchter Stoff für die Fachzeitschriften. Zu internationaler Bekanntheit gelangten die Gersons in den 20er Jahren durch die Veröffentlichungen über ihre Hamburger Kontorhäuser. Ein engagierter Fürsprecher wurde der Berliner Publizist und Architekturkritiker Werner Hegemann, der zwischen 1926 und 1933 in den von ihm herausgegebenen Zeitschriften Der Städtebau und Wasmuths Monatshefte für Baukunst zahlreiche ihrer Bauten und Projekte vorstellte. Hegemann war es auch, der 1929 das bis dahin gebaute Gesamtwerk der Gersons in einer Monografie veröffentlichte, die in der anspruchsvollen Reihe Neue Werkkunst ihren angemessenen Platz fand. Der Rang der Gersons spiegelte sich auch in Ausstellungen deutscher und internationaler Architektur wider, die 1925 in New York, 1928 in London und 1930 in Budapest stattfanden; die Gersonschen Kontorhäuser waren hier stets vertreten. In Hamburg gehörten sie zum Kreis jener Architekten, die teils im Konflikt, teils in Zusammenarbeit mit Fritz Schumacher, dem mächtigen Oberbaudirektor der Hansestadt, das Stadtbild nachhaltig veränderten. Die Gersons hätten "die hamburgische Bauweise stark beeinflußt", wußte das Hamburger Fremdenblatt 1931 zu berichten."

Aus: Wolfgang Voigt: Hans und Oskar Gerson: Hanseatische Moderne. Bauten in Hamburg und im kalifornischen Exil 1907-1957. Hamburg: Dölling und Galitz, 2000

Olaf Bartels über die Gebrüder Gerson

"Schon die ersten Villen, das Haus Bondy oder das wenig später in direkter Nachbarschaft entstandene Haus Zadik in der Jungmannstraße, sind aus einem sehr selbstbewußt angewendeten Formenschatz entstanden. Die Grundrisse sind frei nach den Bedingungen der Umgebung, der Lärmabschirmung - beim Haus Zadik - oder dem Grundstückszuschnitt und der sinnvollen Teilung des Gartens in einen sehr privaten rückwärtigen und einen öffentlicheren vorderen Teil - beim Haus Bondy - entwickelt. Direkt zur Straße präsentiert sich dieses Haus nur mit dem Giebel des Seitenflügels. Die Überdachung der daraus hervorgehend eher komplizierten Baukörper scheint für die Architekten eine besondere Herausforderung gewesen zu sein. Sie unterwerfen sich jedenfalls nicht dem Zwang, die Räume einer äußerlich geschlossenen, überschaubaren Form unterzuordnen, wenn sie sich nicht aus der inneren Organisation des Hauses ergibt. Die rückwärtige Ansicht des Hauses Zadik zeigt dies sehr deutlich. Trotz der ungewöhnlich gerundeten Grundrißform bleibt der Eindruck eines eigentlich konventionellen Hauses mit Walmdach. Daß die Gersons diese Bauformen beherrschen, zeigt das Haus Crasemann in der Jenischstraße, das sich, wiederum nach den Worten Werner Hegemanns, auf Wunsch der Bauherrin an einem Kavalierhaus des Schlosses in Ludwigslust orientiert."

Bartels, Olaf. Altonaer Architekten. Eine Stadtbaugeschichte in Biographien. Hamburg: Junius Verlag, 1997

Hans Gerson

Oskar Gerson

Werkauswsahl

Hamburgisches Architekturarchiv der Hamburgischen Architektenkammer