Cäsar Pinnau

von Christine Plambeck

Die Anfänge

Geboren wurde Cäsar Pinnau als Sohn einer alten Handwerkerfamilie am 9. August 1906 in Hamburg. Nach seiner Schulausbildung im Passmannschen Institut machte er ab 1921 eine vierjährige Tischlerlehre in der Werkstatt seines Vaters. Als Tischlergeselle arbeitete er zunächst in einer Hamburger Einrichtungsfirma, danach in einer Berliner Möbelfabrik.
Ab 1927 begann er mit dem Studium der Innenarchitektur und Architektur an der Kunstgewerbeschule in Berlin. Noch im selben Jahr ging er nach München, wo er an der Staatlichen Hochschule für Angewandte Kunst bei Richard Berndl, Emil Praetorius und dem Bildhauer Josef Wackerle studierte.

Nach seinem Studium wurde er 1930 Mitarbeiter von Fritz August Breuhaus de Groot, bis 1932 in Düsseldorf, danach in Berlin. In dieser Zeit traf er zum ersten Mal auf eine exklusive Klientel, für die er Repräsentationsvillen und Inneneinrichtungen entwarf. Daneben entwarf er 1931 - 1932 den Passagiertrakt des Luftschiffes LZ 129 "Hindenburg'" modern in seiner Klarheit und Zweckgebundenheit.
1932 wirkte Pinnau auch an Breuhaus de Groots Gründung einer privaten Kunstakademie namens "Contempora" in Berlin mit.

Pinnau und das Dritte Reich

Albert Speer wurde auf Cäsar Pinnau aufmerksam "wegen seiner qualitativen Facharbeit, seines handwerklichen Könnens bei der Ausstattung von Breuhausschen Villen für die Größen aus Wirtschaft und Parteiï". (1) Ab 1937 erhielt Cäsar Pinnau als selbständiger Architekt zahlreiche Aufträge von Albert Speer, darunter die Renovierung des Reichpräsidentenpalais anlässlich des Staatsbesuchs von Mussolini, 1938 die Innengestaltung der Neuen Reichskanzlei und die Planung von Bauten für das Projekt Nord-Süd-Achse in Berlin Anfang der 40er Jahre.

Die Arbeit für Speer und damit für die Machthaber des Dritten Reichs brachte ihm lebenslang Kritik und Ablehnung von vielen Seiten ein, auch in seiner Heimatstadt: er blieb umstritten. Hartmut Frank berichtet dazu: "Als Leon Krier ihn (Pinnau) wenige Jahre vor seinem Tod in einer öffentlichen Veranstaltung in Hamburg als den bedeutendsten deutschen Architekten unserer Zeit bezeichnete, erregte er damit heftigen Unwillen und wütende Zwischenrufe." (2)

In einer Buchbesprechung, die sich mit der Frage nach der Kontinuität der Architektur des Dritten Reiches befasst, verdeutlicht Gert Kähler die Kritik an Pinnau. Er sieht ihn in einer Reihe mit Albert Speer, in dem sich "das Bild jenes Architekten (kristallisierte), der, allen beschönigenden Berufsbildern zum Trotz, abhängig ist von der Macht und biegsam bis zur Selbstverleugnung." Und er geht konkret auf Pinnau ein: "Der jüngst verstorbene Cäsar Pinnau bildet da ein typisches Beispiel: 1932 Stahlrohrmöbel in der Art Mies van der Rohes, 1938 Innenausstattung der Reichskanzlei, 1958 (sic!) Bau des funktionalistischen "Olympic-Towers" in New York, und, so schließt sich der Kreis, 1986 Innenausstattung beim Wiederaufbau der japanischen Botschaft in Berlin, die er schon in der NS-Zeit vorgenommen hatte."(3)

Genau diese Umgehensweise mit Pinnau kritisiert Frank: man habe "Pinnau nie aus dem Schatten seiner Vergangenheit treten lassen. Er blieb trotz größter beruflicher Erfolge zeitlebens für viele der Beauftragte Architekt des Generalbauinspektors Albert Speer und damit ein Naziarchitekt par excellence."(4) Frank schlussfolgert:"Eine kritische Würdigung seiner Architektur jedoch steht immer noch aus (...)" und bemängelt das Fehlen eines differenzierten Umgangs: "Kriers Eloge bringt da ebensowenig Abhilfe wie die unbedachte Zurückweisung von Pinnaus gesamten Werk aufgrund von Gerüchten über seine Rolle im Dritten Reich." (5)

Quellen:
(1) (aus: Hartmut Frank, Cäsar Pinnau - ein Hamburger Architekt. In: Architektur in Hamburg, Jahrbuch 1989. Hrsg. Hamburgische Architektenkammer, Hamburg 1989, S. 144)
(2) Ebd., S. 144
(3) In: Phönix stieg aus den Trümmern. In: VfA Profil, Heft 10/1989, S.34
(4) aus: Hartmut Frank, Cäsar Pinnau - ein Hamburger Architekt. In: Architektur in Hamburg, Jahrbuch 1989. Hrsg. Hamburgische Architektenkammer, Hamburg 1989, S.144
(5) Ebd. S. 145

Nach 1945

Nach dem Krieg gründete Pinnau als selbständiger Architekt Büros in Frankfurt und in Hamburg. Es gelang ihm, an die Zeit bei Breuhaus de Groot anzuknüpfen und für eine wohlhabende Klientel Wohnhäuser zu bauen bzw. deren Umbau und Ausstattung zu übernehmen. In Hamburg sind etliche der von ihm gebauten Villen an Alster und Elbe zu sehen, bei denen, wie auch bei seinen Villenbauten im Ausland, neben seinem Bemühen "um landschaftliche Einbindung durch Aufnahme lokaler historischer Bauformen und Materialien" auch die für einen Teil seines Werkes typische Variation klassizistischer und konservativer Idealtypen zu erkennen sind. (1)

Zudem beteiligte Cäsar Pinnau sich an zahlreichen Wettbewerben, wie dem Opern- und Schauspielhaus Hannover und dem Wiederaufbau des Alster-Pavillons in Hamburg.
Zunehmend baute er auch Industrie- und Verwaltungsgebäude, bei denen er "sich in der Gestaltung von den sachlichen Funktionsabläufen leiten lassen ließ.".(2). Ein bekanntes Beispiel ist das 1959 entstandene Verwaltungsgebäude der Reederei Hamburg-Süd an der Ost-West-Straße mit seiner gläsernen, gerasterten Vorhangsfassade.

Pinnau gestaltete auch etliche Schiffe, wie die Cap-San-Klasse ab 1955, von der einzig noch der Stückgutfrachter Cap San Diego als Museumsschiff im Hamburger Hafen zu sehen ist.

Quellen:
(1) zitiert nach: Hamburgische Biografie. Personenlexikon, Band 2. Hrsg. Franklin Kopitzsch und Dirk Brietzke. Hamburg. Christians Verlag, 2003. S. 326
(2) ebd.

Schiffe, Tower, Baudenkmäler...

Seine internationale Bekanntheit begründete er mit Arbeiten für Aristoteles Onassis und Stavros Niarchos, für die er Yachten und Häuser baute, aber auch mit diversen Hotelbauten und -umbauten, z.B. mit der Umgestaltung des Grand Hotel du Cap d"Antibes an der Cote d"Azur.
Der international bekannteste Bau Pinnaus ist der Anfang der siebziger Jahre in den Formen der klassischen Moderne errichtete Olympic Tower. Das 52-stöckige Gebäude entstand in Kooperation mit Skidmore, Owings und Merill an der Fifth Avenue in New York in unmittelbarer Nähe zum Rockefell Center.

Ein wichtiger Teil in Pinnaus Arbeit war auch die erhaltende bzw. denkmalpflegerische Arbeit. Das beste Beispiel hierfür ist die 1973/74 vorgenommene Renovierung und Restaurierung des klassizistischen früheren Wohnhauses von Christian Frederik Hansen in der Palmaille. Pinnau rekonstruierte es exakt nach den Originalbauplänen Hansens und richtete sich dann dort sein eigenes Büro ein, in dem er bis zu seinem Tod arbeitete.

Diese Arbeit entsprach zum einen seiner handwerklichen Herkunft, zum anderen aber auch seinem Bestreben, das Vorhandene zu bewahren. Dazu sagt Joachim C. Fest: "Cäsar Pinnau gilt, so weit sein Name reicht, als ein Architekt aus dem Geist der Tradition; und in der Tat deuten nicht nur seine stilistischen Vorlieben, sondern auch Berufsethos, Unabhängigkeit und Lebensart, die dem Werk ebenso wie der Person eigen sind, auf einen Charakter, dessen Schwerpunkt im Vergangenen liegt. Gleichwohl hat er die Tradition nie gegen die eigene Zeit ausgespielt, sondern mit ihrer Hilfe die Aufgaben der Gegenwart bewältigt." (1)
In diesem Zusammenhang kann auch eine seiner letzten Arbeiten gesehen werden, das 1986 für seine Frau und ihn gebaute oktogonale Wohnhaus Baurs Park in Blankenese, das ganz in der klassischen Tradition steht.

Als Cäsar Pinnau am 29. November 1988 in Hamburg starb, hinterließ er mit zahlreichen Bauten in aller Welt, Plänen und begonnenen Arbeiten ein umfangreiches Werk. Zu seinem Werk und dessen Heterogenität mag auch sein Selbstverständnis als Architekt ein Schlüssel sein: "Selbst bei den spektakulärsten Projekten tritt Pinnau hinter seinem Werk zurück und lässt dem Bauherren den Vortritt. Seine Arbeit bemüht sich, die Wünsche seiner Auftraggeber bestmöglich umzusetzen. Sie ist ein Mittel und kein Selbstzweck" und "das Handwerkliche war bei Pinnau kein theoretisches Konzept, keine Antwort auf die große Technik und die Industriegesellschaft (...). Er selbst war voll und ganz Handwerker." (2)

Quellen:
(1) Vorwort zu "Cäsar Pinnau - Architekt", Christians Verlag 1982, Hrsg. Ruth Pinnau, S. 5
(2) aus: Hartmut Frank, Cäsar Pinnau - ein Hamburger Architekt. In: Architektur in Hamburg, Jahrbuch 1989. Hrsg. Hamburgische Architektenkammer, Hamburg 1989, S. 143

Biografie

Hamburgisches Architekturarchiv der Hamburgischen Architektenkammer