Gustav Oelsner
Von Karl H. Hoffmann
Gustav Oelsner war einer der wichtigsten Architekten und Städtebauer in der Geschichte Hamburgs. Wobei man eigentlich "Altona" schreiben müsste. In der damals noch unabhängigen Großstadt direkt an der westlichen Grenze von Hamburg war Oelsner von 1924 bis 1933 Bausenator und Stadtbaurat. Nach seinen Ideen entstanden zahlreiche Wohnanlagen in Altona-Nord (Lunapark, Düppelstraße, Augustenburger Straße), Ottensen (Helmholtzstraße), Bahrenfeld (Schützenstraße) und anderen Stellen der Stadt Altona an der Elbe. Auch für wichtige öffentliche Bauten zeichnete er verantwortlich: etwa für das Haus der Jugend in der Museumstraße (heute Staatliche Gewerbeschule Energietechnik) oder das Arbeitsamt an der Kieler Straße.
Gustav Oelsner hinterließ in Altona genauso prägende Spuren wie Fritz Schumacher im damaligen Hamburg. Stilistisch war er ein Verfechter des "Neuen Bauens". Wobei man deutlich oelsnerische Eigenarten erkennen kann. Seine Vorliebe zum gelben Klinker gehörte dazu. Ebenso seine Begeisterung für sehr verschiedenenfarbige Klinkersteine - ob im Grundton gelb oder rot - die zusammen sehr lebhafte Fassaden ergaben. Das Gebäude am Lunapark ist ein gutes Beispiel dafür. Schaut man genauer hin, wird aus der vermeintlich gelben Fassade ein Puzzle aus bunten Ziegeln, deren Ton von tiefschwarz bis hellgelb reicht. Am gleichen Häuserblock fallen außerdem Fassadenbänder auf. Eine weitere Vorliebe Oelsners. Die Bänder entstehen dadurch, das die Steine hier aufrecht stehend gemauert wurden, anstatt liegend wie sonst am Bau.
Mit der Machtübernahme durch die Faschisten verlor Oelsner seine Ämter. Ein Prozess wurde gegen ihn geführt - ohne Ergebnis. 1937 wird Oelsner seiner jüdischen Vergangenheit wegen gezwungen, den Vornamen "Israel" zu tragen. Ab 1939 hält sich Oelsner in der Türkei auf, in Ankara ist er für das Ministerium für öffentliche Arbeiten tätig, in Istanbul an der technischen Universität und der Akademie der schönen Künste. 1949 kehrt Gustav Oelsner nach Hamburg zurück. Er beteiligt sich noch an der Wiederaufbauplanung der Hansestadt, bis er 1952 - bereits dreiundsiebzigjährig - in den Ruhestand geht.
Biografie
Zeichnung von Gustav Oelsner aus der Zeit in der Türkei. Quelle: Bestand Oelsner P 095
Quellen
- Christoph Timm: Gustav Oelsner. In: Neue deutsche Biographie 19 (1998), S. 441 f. [Onlinefassung]
- Paul Th. Hoffmann: Neues Altona 1919 - 1929. Zehn Jahre Aufbau einer deutschen Großstadt. 2 Bände. Dargestellt im Auftrage des Magistrats der Stadt Altona. Jena: Eugen Diederichs Verlag, 1929
- Schleswig-Holsteinisches Jahrbuch für 1927. Als "Schleswig-Holsteinischer Kunstkalender" begründet und hrsg. von Ernst Sauermann. 17. Jahrgang: Die neue Baukunst in Schleswig-Holstein. Hamburg: Paul Hartung Verlag, 1926
- Ralf Lange: Hamburg - Wiederaufbau und Neuplanung 1943 - 1963. (Die blauen Bücher). Königstein im Taunus: Langewiesche, 1994. ISBN 3-7845-4610-2
- Gustav Oelsner: Stadt - Visionen - Antworten. Eine Werkschau des Fachbereichs Architektur der Hochschule für Angewandte Wissenschaften. Verantw.: Peter Michelis. Hrsg.: Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg. Hamburg 2004